10. Jahrestagung der SGS

Bericht zur 10. Jahrestagung der SGS

„Leistung im Sport“ - so lautete das Thema, unter dem die Schweizerische Gesellschaft für Sportwissenschaft (SGS) am 8. und 9. Februar ihre 10. Jahrestagung an der Eidg. Hochschule für Sport Magglingen (EHSM) ausgerichtet hat. Über 220 Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler aus der ganzen Schweiz sowie Gäste aus dem Ausland berichteten während der beiden Tage von ihren aktuellen Forschungsergebnissen und diskutierten über Innovationen in ihrem Bereich. Besondere Höhepunkte der Tagung waren die drei Hauptreferate, in denen internationale Experten ihre disziplinäre Perspektive auf das Tagungsthema eingebracht haben: Prof. Dr. George A. Brooks von der University of California, Berkeley (USA) sprach über sein bahnbrechendes Lebenswerk zur Bedeutung von Laktat im metabolischen System, Prof. Dr. Alfred Richartz von der Universität Hamburg (D) über Verantwortung und pädagogische Qualität im Kinderleistungssport und Prof. Dr. Mathieu Winand von der LUNEX University in Luxembourg über die Notwendigkeit von Innovationen für den Erfolg von Sportorganisationen. Parallel zur Haupttagung fanden Workshops statt, in denen sich Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie die Praxisdozierenden der sportwissenschaftlichen Institute wissenschaftlich austauschen konnten.

Nachwuchsworkshop vom 07.02.2018

Die Förderung des sportwissenschaftlichen Nachwuchses stellt ein zentrales Anliegen der Sportwissenschaftlichen Gesellschaft der Schweiz (SGS) dar. Daher wurde auch im Rahmen der 10. Jahrestagung ein Nachwuchsworkshop für alle Jungwissenschaftler/innen organisiert. Das Thema dieses Nachwuchsworkshops war die «Erfolgreiche Drittmittelakquise in der Sportwissenschaft». Dieses Thema ist besonders relevant, da das Bundesamt für Sport (BASPO) aufgrund von Sparvorgaben im Stabilisierungsprogramm die kompetitive Vergabe von Forschungsbeiträgen einstellen musste. Aus diesem Grund wurden im Rahmen des Nachwuchsworkshops die aktuell möglichen Förderungsmöglichkeiten in der Schweiz aufgezeigt. Zudem hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, zu spezifischen Fragen oder eigenen Anträgen Feedback von erfahrenen Tutoren/innen zu erhalten. Vorträge wurden im Rahmen des Nachwuchsworkshops von Bengt Kayser (docmobility und early postdoc), Wolfgang Taube und Martin Keller (Scientific Exchanges), Siegfried Nagel (SNF-Antrag) und Nici Wenderoth (Marie-Curie Action) gehalten. Neben dem theoretischen Teil wurden zudem das individuelle Coaching sowie ein soziales Rahmenprogramm, welches aus gemeinsamen Sporttreiben und einem Fondue mit den Keynote-Speakern bestand, organisiert. Besonderer Dank gebührt an dieser Stelle dem trotz eines Scientific Exchanges abwesenden Prof. Dr. Mirko Schmidt, der die Inhalte und Tutoren des Nachwuchsworkshops organisierte.

Jahrestagung der SGS am BASPO (08./09. Februar 2018)

Die 10. Jahrestagung der SGS wurde vom Tagungspräsidenten Prof. André Gogoll mit seinem Team organisiert. Als Thema für die diesjährige Jahrestagung wurde «Leistung im Sport» gewählt. Passend zu diesem Thema wurden exzellente Hauptvorträge organisiert und ein umfangreiches Rahmenprogramm auf die Beine gestellt. Prof. Gogoll und sein Team, aus dem Florence Pillet ganz besonders hervorzuheben ist, gelang es, das gewählte Tagungsthema aus einer interdisziplinären Sicht zu beleuchten und somit den Interessen aller Teilnehmer/innen gerecht zu werden. An dieser Stelle soll im Namen der gesamten SGS ein grosses Kompliment für einen hervorragend organisierten Kongress ausgesprochen werden – vielen herzlichen Dank!
Die Attraktivität der diesjährigen Jahrestagung kann unter anderem an den vielen Teilnehmern belegt werden. Passend zum Jubiläum fanden sich 222 Teilnehmer in Magglingen ein. Das Programm der diesjährigen Tagung war abwechslungsreich, von hoher Qualität und bot für sämtliche Forschungsfelder interessante Beiträge. Dies kann auch an den folgenden Kennzahlen belegt werden: 3 Hauptvorträge, 10 Symposien, 12 thematisch gut organisierte Sessions, 28 mini-oral Präsentationen und ein hochklassig besetztes Young Investigator Finale. Einzelne Teilbereiche sollen in diesem Kongressbericht kurz zusammengefasst werden:

Hauptvortrag - George Brooks

Der erste Hauptvortrag der diesjährigen Jahrestagung wurde von Prof. George Brooks über das Thema «Metabolic Systems: The Formation and Utilization of Lactat» gehalten. Prof. Brooks leitet das «Department of Integrative Biology» der «University of California» (Berkeley). Seine Forschungsexpertise im Bereich des Laktats lässt sich an mehr als 29000 Zitationen bzw. einem H-Index von 91 festmachen.
In seiner Präsentation verdeutlichte Prof. Brooks den «tortuous path of lactate» weg von einem metabolischen Abfallprodukt, Ermüdungsverursacher bzw. Gift hin zu seiner heute akzeptierten Rolle als Energiequelle, Vorprodukt der Glukoneogenese und auch Signalmolekül. Im Zuge dieser historischen Abhandlung zitierte er unter anderem die ersten Studien dieses Forschungsfelds von Meyerhof und den Cories und erläuterte dabei, wie er als ehemals aktiver Sportler verstehen wollte, weshalb er es nicht zum Olympioniken geschafft hatte. Prof. Brooks trug viel zum heutigen Verständnis bei, dass Laktat als «lactate shuttle» angesehen wird und wie durch Training Produktion und Abbau von Laktat verbessert werden kann. Sein anfängliches Modell aus den 1980er Jahren erweiterte die bis dahin bestehende Forschungsmeinung grundsätzlich und konnte durch Prof. Brooks und sein Team im Anschluss immer weiter optimiert werden. So zeigte er unter anderem, dass Laktat aus der Arbeitsmuskulatur als Energiequelle für das Herz fungiert und dass durch Training die Mitochondrienmasse erhöht werden kann, was sich wiederum positiv auf die Leistung auswirkt.
In den letzten Jahren konzentrierte sich Prof. Brooks vermehrt darauf, wie sich eine Laktatgabe auf die Rehabilitation nach traumatischen Gehirnverletzungen auswirkt. Er startete mit Einzelfallstudien, in denen Prof. Brooks und sein Team verbesserte Rehabilitationsverläufe nachweisen konnten. Den Grund hierfür sieht Prof. Brooks darin, dass Laktat von den Gehirnzellen im Gegensatz zu Glucose weiterhin verstoffwechselt werden kann und somit die energetische Versorgung des Gehirns sicherstellt.

Hauptvortrag 2 - Alfred Richartz

Professor Alfred Richartz sprach über «Kinder im Leistungssport». Er ist Professor für Bewegungs- und Sportpädagogik, Vizepräsident der lokalen Ethikkommission und ist zudem approbierter Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut. Auf Basis dieser Tätigkeiten und seiner herausragenden Expertise als Pädagoge erörtere Prof. Richartz, was die pädagogische Perspektive im Leistungssport ausmacht. Er betonte dabei mehrfach die Verantwortung der Akteure im System, um Kinder, die schon in frühen Jahren mit Leistungssport zu beginnen, vor schädigenden Einflüssen aller Art zu schützen.
Prof. Richartz erörterte zu Beginn, was überhaupt unter pädagogischer Qualität im Leistungssport zu verstehen ist. Er stellte dabei unter anderem die pädagogische Perspektive dar unter besonderer Berücksichtigung von pädagogischen Werten (Stichworte: Fürsorge und Trainer-Ehrenkodex) und ihrer Wirksamkeit (Stichworte: Förderung der Motivation und der personalen, sozialen und emotionalen Entwicklung).
Bezugnehmend auf aktuelle Missbrauchsfälle stellte er dann die Frage, ob im Feld genügend präventive Massnahmen implementiert sind. Im Kontext dieser «Primun nil nocere»-Debatte stellte Prof Richartz dann auch gross angelegte Studien vor, bei denen potentiell schädigende Einflüsse im Leistungssport von Kindern untersucht wurden. Dabei stellte sich heraus, dass die subjektiv zeitliche Belastung nur in geringem Masse mit Unterschieden im Trainingsumfang zusammenhängt und eher ein strenger bzw. schimpfender Trainer mit sozialer Überforderung und sogar zeitlicher Überforderung korreliert. Folglich ist es laut Prof. Richartz irreführend, wenn bei Belastungen der Kinder vor allem an Trainingsumfänge und nicht an andere Faktoren wie z.B. die pädagogische Eignung des Trainers gedacht wird.
Abschliessend erläuterte und diskutierte Prof. Richartz die Wirkungsfrage der pädagogischen Qualität. Er diskutierte dabei, was überhaupt gutes Training ausmacht. Dabei ging Prof. Richartz auf die psychologischen Grundbedürfnisse (Autonomie, soziale Eingebundenheit und Kompetenz) ein und diskutierte, ob und wie diese Grundbedürfnisse von Kindern, die im Leistungssport involviert sind, wahrgenommen werden. Abschliessend schlussfolgerte Prof. Richartz, dass – basierend auf den Erkenntnissen der Wissenschaft – die Verbesserung der pädagogischen Perspektive ein besonders wichtiger Hebel zur Vermeidung überflüssiger Belastungen sein könnte.

Hauptvortrag 3 - Mathieu Winand

Prof. Mathieu Winand hielt den dritten Hauptvortrag mit dem Titel «Innovate to perform, a key challenge for sport organizations» im Zuge der 10. SGS Tagung. Prof. Winand ist Leiter des «Department International Sports Management» an der Universität LUNEX Universität in Luxemburg. 
In seinem Vortrag beschäftigte sich Prof. Winand mit der Frage, was bereits über Leistungs- und Innovationsfähigkeit von Sportorganisationen bekannt ist. Besonders bedeutend war dabei auch die Frage, ob non-profit Sportorganisationen Innovationen schaffen und ob die herbeigeführten Innovationen schlussendlich zu einer verbesserten Leistung führen.
Hinsichtlich der Leistung von Sportorganisationen erläuterte Prof. Winand ein von ihm erstelltes Modell, in welchem aufgezeigt wird, dass es viele Parameter gibt, die zum Erfolg einer Sportorganisation beitragen (z.B. Input, Throughput, Output, Perception, Feedback).  Die Aufgabe einer Sportorganisation muss laut Prof. Winand demnach sein, ein Umfeld zu schaffen, in welchem ein Athlet ideale Bedingungen vorfindet. Das Modell geht hierbei von der Annahme aus, dass dann, wenn ein Athlet erfolgreich ist, auch automatisch die Sportorganisation erfolgreich ist. Aus diesem Grund, aber auch, weil non-profit Sportorganisationen in einem hoch kompetitiven Umfeld agieren, in dem ein hoher Zwang zur Differenzierung vorliegt und ein Wettbewerb um Ressourcen oder Personen betrieben wird, besteht laut Prof. Winand ein hoher Innovationsbedarf für Sportorganisationen.
Im zweiten Teil seines Vortrags ging Prof. Winand darauf ein, dass Sportorganisationen vor allem Serviceinnovationen vorantreiben. Die Empirie habe gezeigt, dass diese Innovationen sowohl den Sport selbst, aber auch das Umfeld der Sportorganisation (z.B. online Services oder Support für das Clubmanagement) betreffen können. Generell sei zu beobachten, dass sämtliche Innovationen, auch wenn sie noch so klein sind, am Ende zum Erfolg einer Sportorganisation beitragen.

Generalversammlung

Die 10. Ordentliche Generalversammlung der SGS wurde am Abend des 08. Februar 2018 abgehalten und von 35 Personen besucht (davon 2 Gäste). Im Rahmen der Generalversammlung wurden die Traktanden (unter anderem Rückblick, Ausblick, Budget, Rechnung) besprochen, über die die Teilnehmer vorab per Email informiert wurden. Zudem wurden aber auch über einige Neuigkeiten kommuniziert. So gab Prof. Taube in seiner Funktion als Präsident der SGS bekannt, dass die Bemühungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Zukunft weiter intensiviert werden sollen. So ist geplant, dass der Nachwuchsworkshop zeitnah durch eine summer school ersetzt werden wird. Zudem wurde beschlossen, dass die Sportpraktiker/innen in Zukunft verstärkt in die SGS integriert werden sollen. Eine verstärkte Integration soll unter anderem durch eine Anpassung der Kriterien für die SGS-Mitgliedschaft erreicht werden. So stimmte das Plenum einstimmig dafür, dass auch Angestellte der Universitäten und Hochschulen, die einen Anstellungsgrad von weniger als 50% haben, in Zukunft Mitglieder bei der SGS werden können. Besonders hervorzuheben ist auch der Einsatz von Ernst-Joachim Hossner für das CISS-Journal, das sich auf einem guten Weg befindet. Dennoch sind alle Mitglieder der SGS dazu aufgerufen, das CISS-Journal durch eigene Beiträge zu unterstützen.
Die Generalversammlung wurde auch dazu genutzt, um André Gogoll für seine langjährige Tätigkeit im Vorstand der SGS zu danken. André Gogoll hat sich nach mehreren Jahren aktiver Tätigkeit leider aus dem Vorstand der SGS zurückgezogen. Für die vakante Position im Vorstand der SGS wurde Dr. Eric Jeisy vorgeschlagen. Bei den Wahlen für den neuen Vorstand entschieden die anwesenden Mitglieder einstimmig, dass mit Prof. Wolfgang Taube (Präsident), Prof. Nici Wenderoth (Vizepräsidentin), Prof. Bengt Kayser (Vertretung Netzwerkkonferenz), Prof. Mirko Schmidt (wissenschaftliche Nachwuchsförderung), Prof. Lukas Zahner (translationale bzw. interdisziplinäre Forschung), Dr. Eric Jeisy (Theorie-Praxis-Transfer) und Dr. Martin Keller (Geschäftsführer) sämtliche Institute der Netzwerkkonferenz im Vorstand der SGS vertreten sind. Im Anschluss an die Generalversammlung lud die SGS Ihre Mitglieder zu einem Apéro ein.

Protokoll der 10. Generalversammlung